Hans Schwarzenberger

Innsbruck

Welche sind Ihre 3 liebsten Volkslieder?
1- Tirol, Tirol, Tirol, du bist mein Heimatland
2- Vom Zillertal auser
3- Wenn wir erklimmen

Was ist für Sie ein Volkslied?
Was für mich Volksmusik ist:
Wie schon der Name sagt, geht hier die Musik vom Volk aus: Es sind die Handwerker, die bei der Arbeit gesungen haben. Dann die Bauern am Abend beim "Türkenausmachen" (Maisflitschen entfernen) haben auch quer durch das Feld vom Zimmermann am Dach oder vom Schuster einen Witzreim über die schlechte Sohle oder sicher über das abendliche Fensterln und dessen Ereignisse singend zu erzählen gewusst. Und mancher wird sich wohl oder übel ertappt haben, dass er gemeint ist und daher besser nichts dazu sagt.

Dann ist die nächste Gruppe das fahrende Volk, das überregional zur damaligen Zeit herumgezogen ist und Lieder verbreitet hat. Dabei sind die Leute, die auf die Stör gegangen sind, gemeint, die von Haus zu Haus Reparaturen gemacht haben, vom Schmied bis zur Näherin und dem Kaminkehrer, außerdem Brauchtumsgruppen wie die Schuhplattler oder Schauspieler, Hochzeitslader, Gstanzlsinger etc.

Dann die nächste Gruppe von religiösen Vereinigungen wie dem Kirchenchor. Da waren Menschen, die Lobhuldigungen über einen Heiligen niedergeschrieben und beim Klerus ein offenes Ohr gefunden haben, dann die Klöster mit ihrem reichhaltigen Repertoire.

Auch Kinder haben ihre Reime gehört und weitergesungen, weil es lustig war und eine Gemeinsamkeit in diesem Moment gegeben war, die alle vereinte. Dann die Mütter, die ihren Kleinen vielfach noch heute ein Einschlaflied anstimmen und die damals auch in der Waschküche sangen, auch bei harter Arbeit am Zuber, weil einfach die Zeit schneller verging und das Singen Geist und Körper erfreute und ein bisschen loslöste und ablenkte.

Es ist meines Erachtens auch nicht notwendig eine perfekte Note zu bringen sondern dabei zu sein und mitzumachen, wenn es gefällt.

Die letzte Gruppe hat tiefe Wurzeln im Menschen verzehrend, einfangend, teilweise erdrückend und entzückend: Die Liebe wird wohl die größte Anstrengung für ein Lied an die Angebetete gebracht haben, in der Hoffnung auf die alsbaldigste Erhörung.

Instrumental sind in der Volksmusik einige spezielle Musikinstrumente zu finden, z.B. das Tiroler Hackbrettl, die Maultrommel etc. Diese Volksmusik, glaube ich, kommt von naturbegabten Menschen, die die Noten selbst geschrieben, wieder korrigiert, neu gesetzt und probiert haben, bis es einfach gut geklungen hat. Bei der Besetzung wurde besonders auf den Klang der Instrumente geachtet. Da sind Werke sowohl Gegenden, Klüften und Bergeshöhen als auch Schützen oder bekannten Persönlichkeiten gewidmet worden.

In der Summe ist mir eine Mischung von beidem am liebsten, wobei ich lustige Lieder und schmissige Instrumentalmusik mit Harfe, Hackbrett, Gitarre, Harmonika, Klarinette, Geige, Maultrommel oder Mundharmonika besonders liebe da gibt es Gänsehaut.

Können Sie uns von einem besonderen Erlebnis im Zusammenhang mit Volksliedern berichten?
Meine lieben Menschen des Tiroler Volksliedarchivs!
Eine ganz wichtige Erinnerung in meinem Leben: eine Einladung von jungen Volksmusikanten im Spätsommer 1995 zu einer Woche Aufenthalt in der Steiermark, am Triebener Tauern, in der Ortschaft Pusterwald, einem kleinen Dorf in der Stille der Abgeschiedenheit. Egon Lamprecht vom Bezirksgericht Stams organisierte diese Woche, alle Instrumente wurden in zwei Kleinbussen verstaut und dann ging es los.

Am späten Nachmittag trafen wir wohlauf beim Horn Sepp in dessen ausgebautem großen Stadel ein. Unter dem Dach waren die Schlafräume, einen Stock darunter die Küche mit Aufenthaltsraum, im Parterre der "Konzertsaal". Das ist seine Freude und hier wird öfters Volksmusik gespielt ohne Kosten für das Publikum.

Untertags waren wir in Feld und Flur unterwegs, haben sogar Gold gewaschen und am Abend wurde von unseren Leuten gut gekocht und dann gespielt bis ein oder zwei Uhr früh. Mir zog es die Gänsehaut auf, als ich sah, mit welcher Freude Musik gemacht wurde. Besonders liebenswert ist mir die Besetzung Geige, Klarinette, Hackbrett, Gitarre, Harmonika und Bassgeige diese Mischung lässt mich schmelzen.

Eine besondere Wohltat für den Horn Sepp war der Schmelztiegel von Volksmusik und Volksheilkunde. Bei unserem Eintreffen hatte er am rechten großen Zeh schon seit vielen Wochen trotz guter ärztlicher Behandlung starke Schmerzen. Den Halbschuh hatte er vorne abgeschnitten, um weiterzukommen. Es zeigte sich, dass es immer gut ist, eine selbst zusammengestellte Einreibung oder anderes dabeizuhaben. Sepp bekam die Flasche von mir und behandelte seinen Zeh. Am nächsten Morgen stand er in normalen Schuhen vor mir. Ich fragte: "Was ist los mit dir?" Er antwortete: "Du wirst es nicht glauben, aber über Nacht sind die Schmerzen verschwunden. Es geht mir gut." Und es gab die ganze Woche keinen Rückfall. Schon am zweiten Tag wusste es das ganze kleine Dorf, und es kamen viele ins Haus der Volksmusik und Volksheilkunde. Eine glückliche Zeit!