Medici

Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum präsentierte vom 5.Juni bis 26. September 2004 eine Ausstellung zum Thema

Claudia de" Medici Eine Italienerin als Landesfürstin von Tirol

Musik und Theater erfuhren in Innsbruck, bedingt durch den Einfluss aus Italien, ab circa 1630 eine ungewöhnliche Förderung.

Unter den Landesfürsten Erzherzog Leopold V. und seiner Gemahlin Claudia de" Medici sowie deren Sohn Ferdinand Karl, der wiederum eine Medici, nämlich Anna, zur Frau nahm, fanden die aktuellsten Strömungen wie die neue Oper oder der stile moderno" nördlich des Brenners einen nahrhaften Boden. Das höfische Musikleben blühte wie kaum zuvor! Der Innsbrucker Hof hob sich dadurch von vielen anderen Fürstenhöfen ab und konnte die besten Virtuosen und Komponisten längerfristig binden.

Mit einigen Exponaten und einer akustischen Opern-Wand [1] wurde versucht, diesem Phänomen im Rahmen einer konventionellen Ausstellung gerecht zu werden. Erst die virtuelle Ausstellung mit akustischen Kostproben, die über einen im letzten Raum positionierten PC zugänglich war, ermöglicht jedoch einen facettenreichen und komplexen Zugang zur Thematik. Anhand von zahlreichen Originalzitaten, etwa zeitgenössischen Beschreibungen barocker Opernaufführungen, sowie reichhaltigem Bildmaterial wird diese Epoche verlebendigt. Dieser virtuelle Teil der Ausstellung wird hier präsentiert.

Mögen Sie die abschließend wiedergegeben Raumtexte beim Eintritt in die prunkvolle Musikszene dieser Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts begleiten

Theater und Musik zur Zeit Leopolds und Claudias

Mit der Oper entsteht im Umkreis der Medici in Florenz um 1600 eine neue Kunstform.

1618 macht Erzherzog Leopold V. auf seiner Italienreise Bekanntschaft mit diesem musikalischen Ausdrucksmittel höfischer Repräsentation. In der Folge lässt er in Innsbruck durch die Neugestaltung des Ballspielhauses eines der ersten freistehenden Theater nördlich der Alpen erbauen (1629-31). Der mit 100x30 m groß dimensionierte Comedipau" ist mit allen Raffinessen, wie etwa einer Anlage zur Unterwassersetzung für den Aufzug mit schwimmenden Schiffen, ausgestattet. 1631 geht zur Taufe von Sigismund Franz die erste Oper über die Bühne.

Für die festliche Umrahmung kirchlicher Feiern ist die bereits etablierte Hofkapelle zuständig. Hofkapellmeister ist der berühmte Johann Stadlmayr, "aller Komponisten ewige Zier". Mit 42 Dienstjahren hat er diese Position am längsten inne. Angebote aus München oder Wien lehnt er ab. Nicht nur, dass ihn Erzherzogin Claudia trotz Sparmaßnahmen in ihren Diensten belässt, sie ermöglicht ihm auch den Druck eines Großteils seiner Werke bei M. Wagner in Innsbruck. Stadlmayrs Kompositionen sind von den Niederlanden bis Italien weit verbreitet. Das Niveau der Kapelle war unter seiner Leitung herausragend: Selbst verwöhnte Italiener kommen bei der in der Hofkirche dargebotenen Musik, die "so hervorragend ist, wie ihr Ruf", ins Schwärmen!

Theater und Musik unter Ferdinand Karl Der Besuch Königin Christines von Schweden

Internationale Bedeutung und eine Blüte wie nie zuvor erreicht das Musikleben unter Erzherzog Ferdinand Karl. "Maschere, comedie, balli e nient"altro" ist laut Kanzler Bienner das Motto des vergnügungssüchtigen Landesfürsten, der Innsbruck zu einem Zentrum der frühbarocken Oper macht. Noch bevor Wien oder München ein eigenes Theater bekommen, errichtet er die erste deutsche Opernbühne mit fest angestelltem Personal. Der im venezianischen Fachwerkstil ausgeführte Bau war mit "vielen Maschinen, Flugwerken und Veränderungen versehen". Neben der Hofkapelle unter dem renommierten Komponisten Ambrosius Reiner entsteht ein neues Ensemble: die Kammermusiker oder "welschen Musici". Deren Leitung übernimmt der gefeiertste italienische Musiker seiner Zeit: Antonio Cesti. Neben Francesco Cavalli ist er der bedeutendste venezianische Opernkomponist. Die Innsbrucker Cesti-Opern erfahren jahrzehntelang unzählige Wiederaufnahmen in Italien. Glanzvoller Höhepunkt ist die Aufführung der Prunkoper L"Argia zu Ehren von Königin Christine von Schweden, die 1655 in Innsbruck zum katholischen Glauben übertritt. Die Königin und die ganze Gesellschaft sind von der Darbietung überwältigt und erklären, "dass sie etwas Ähnliches nie gesehen" haben. Genauso beeindruckt zeigen sich die Gäste von der "exquisiten Musik" in der Hofkirche und der "Neuartigkeit der Kompositionen" Reiners. In Innsbruck sind begehrteste Musiker der Zeit angestellt und nach Auflösung des Hofstaates 1665 streiten sich der Kaiser in Wien und die Venezianer um diese Elitetruppe. Einer der wenigen Nicht-Italiener war der englische Gambenvirtuose William Young, der vom Kaiser, der schwedischen Königin und von Jakob Stainer gleichermaßen hoch gepriesen wird.

Mit der Oper wächst auch der Bedarf an Streichinstrumenten. Jakob Stainer, der zum größten deutschen Geigenbauer avanciert und dessen Instrumente noch im 18. Jahrhundert das Zehnfache einer Stradivari kosten, wird 1658 durch seinen großen Förderer Ferdinand Karl zum erzherzoglichen Diener ernannt.

Zur Ausstellung

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[1] Die Besucher konnten in vier Opern von Antonio Cesti (L"Argia, L"Orontea, Semiramide und Tito), die nach Akten abrufbar waren, hineinhören. Diese nicht veröffentlichten Tonaufnahmen sind Live-Mitschnitte der Festwochen der Alten Musik in Innsbruck (1983-1996) und wurden vom ORF für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung gestellt. Inhalt der Opern und Besetzung der jeweiligen Festwochen-Produktion sind hier bei den betreffenden Opern wiedergegeben.