Josef Wörgötter

St. Johann i.T.

Sepp Wörgötter, Mathias Danzl und Anna Hauser am 27. Juli 2001 auf der Grub Alm

Welche sind Ihre 3 liebsten Volkslieder?
1- Wisst"s, wo mei Hoamat is? (St. Johanner Viergesang)
2- I schwing hi, I schwing her, mei scharfe Sansn durch"s Gras
3- Fahr ma hoam, fahr ma hoam von da Alma ins Tal

Was ist für Sie ein Volkslied?
1. In der Mundart gesungen, wobei allerdings die Grenzen nicht immer allzu streng eingehalten werden können.

2. Direkter Bezug zum täglichen Leben, der Arbeitswelt, der Natur und den Schicksalen der Mitmenschen. Krieg und Nachkriegszeit haben es mit sich gebracht, dass durch viele Vertriebene und sonstige Zuwanderer unser Volksliedgut erweitert bzw. bereichert wurde. Was die Liederqualität oder die Liedertexte betrifft, ist festzustellen, dass z.B. die ehemals sehr verbreiteten sozialkritischen Lieder und die meisten Balladen heute kaum mehr zu hören sind. Hier hätte das neue Volkslied mit den Themen Umwelt, Globalisierung, Bergbauernprobleme, Verstädterung usw. ein weites Entwicklungsfeld, das heute teilweise von anderen Musikrichtungen beackert wird.

3. Außer sinnvollen und leicht einprägsamen Texten ist für das echte Volkslied eine Melodie wichtig, die ins Ohr geht und ohne Kitsch und "Schmalz" dargeboten wird. Hier ist erfreulich, dass es doch viele Kleingruppen an Sängern und Musikanten gibt, die abseits der kommerziellen Verwertung das echte Liedgut und Volksmusik pflegen und an die Jugend weitergeben.

4. Das wesentlichste Merkmal des Volksliedes ist aber wohl, dass es vielfach einem gewissen Wandlungsprozess unterliegt, sowohl textlich wie auch in der Melodie.

Können Sie uns von einem besonderen Erlebnis im Zusammenhang mit Volksliedern berichten?
Ein besonderes Erlebnis mit der heimatlichen Volksmusik hatte ich im Krieg!
Ich lag mit einer schweren Brustverletzung und Gelbsucht Mitte Dezember 1942 in einem Feldlazarett im heutigen Weißrussland, hatte über 41 Fieber, war sehr schwach und zeitweise bewusstlos. Aus diesem Halbkoma weckten mich plötzlich heimatliche Laute! In dem mit etwa 12 bis 15 Schwerverwundeten belegten Zimmer erklang auf einem Grammophon der Tiroler Holzhackermarsch, teilweise gesungen, wie ich mich zu erinnern glaube. Diese Heimatklänge in meiner elenden Verfassung waren das spürte ich der letzte Gruß aus der Heimat. Eine Schwester kam und wischte mir mit einigen Trostworten die Tränen ab. Sie wusste sicher um die Hoffnungslosigkeit des Falles. Aber es sollte anders kommen, für mich war es ein Wunder!

Eine unerwartete Visite, wohl Kontrolle, brachte Bewegung in die Bude, wo unmögliche Zustände herrschten, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. Sofort wurden alle Verbände gewechselt und ich kam in den OP, wo mir mein Retter, es war dies der beratende Chirurg des Nordabschnittes, ca. einen Liter Eiter aus dem Brustraum saugte, der sich in den etwa zehn Tagen seit der Verwundung aus den inneren Blutungen gebildet hatte. Wie mir der Arzt dann sagte, hätte ich ohne diesen Eingriff nur mehr einige Tage gelebt. Das war also die Rettung, bevor ich einige Tage später in ein rückwärtiges Lazarett verlegt wurde. Zum Abschied spielten mir die Kameraden noch einmal den Holzhackermarsch. Diesmal empfand ich ihn nicht mehr als Trauermarsch, sondern als Geburtstagsmarsch! Mitte Mai 1943 sah ich dann die Heimat wieder!

Eine andere Erinnerung:
Sommer 2001 auf der Grub Alm im Pletzergraben, Gemeindegebiet Aurach. Eine fröhliche sangesfreudige Runde saß in der "Egger Hütte" beisammen. Wir staunten nicht schlecht, als der 95-jährige Altbauer von "Unter Egg" in Hochfilzen, Mathias Danzl, fleißig mitsang und schließlich noch allein ein mehrstrophiges Lied zum Besten gab. Es war dies für uns, aber wohl auch für Hias, ein schönes Erlebnis. Einige Monate später ist er gestorben.